Parkieren verboten

"Genau du! Du Schafseckel! Grins noch so saublöd. Das ist mein Parkplatz" schimpft Werner vor sich hin. Er reisst das Küchenfenster auf und ruft mit drohendem Unterton: "Grüezi, Grüezi!"

Der ertappte Nachbar schwitzte: "Hallo Werner. Gell, ich kann den Wagen schon schnell für einen Moment hier stehen lassen? Danke! Muss mich leider beeilen, komme bald wieder. Danke Werner, und Tschüss!", und verschwindet eilig hinter der nächsten Biegung.

"Der schon wieder! Hat keine Kinderstube, der Kerl. Nie gelernt was Anstand ist. Stellt seine Karre einfach hin, macht ein bisschen 'gell, gell!' und weg ist er."

Werner wettert wie ein Rohrspatz. Das ist für mich etwas Neues, denn ich habe den Siebziger-plus Pensionär sonst nur sonnig und aufgeräumt erlebt. Ich kenne ihn schon seit er damals, vor vierzig Jahren mit seiner Familie hergezogen war. Drei Kinder und seine Frau, die unvergleichliche Rennie. Ach, das ist auch schon wieder lange her. Seine und meine Kinder sind längst erwachsen und ausgeflogen. Rennie hatte der Krebs dahingerafft. Fünf Jahre ist das her. Seither klopfe ich ab und zu bei Werner an, und wir jassen zusammen, alle paar Tage im Seniorenclub.

Doch so aufgebracht habe ich Werner selten gesehen: "Was regst du dich so auf?", wollte ich darum wissen. "Schau doch. Solche Typen können einem den Tag vermiesen. Stellt seinen Göppel einfach bei mir ab. Und winkt mir auch noch frech zu!"

Der Doppelparkplatz war direkt vor der Küche von Werners Einfamilienhaus. "Aha," stelle ich fest. "Das ist ja allerhand. Und der schicke Volvo? Hast gar nicht erzählt, dass du einen neuen Schlitten gekauft hast. Der war sicher nicht billig. Hast du im Lotto gewonnen?"

"Was schwafelst du da? Du weisst doch, dass ich seit Jahren kein Auto mehr habe. Ich bin überzeugter Radfahrer. Wenn, wüsste ich Besseres mit dem Geld anzufangen."

"Aber – Wem gehört denn dann der Volvo, der neben dem von deinem Nachbar parkiert ist? Ist der auch von ihm? Jetzt verstehe ich! Du das ist wirklich allerhand, dass er gleich zwei Autos hinstellt."

"Nein, der Volvo ist nicht von dem. Der gehört Doktor Alexander."

"Wer ist das, wenn ich fragen darf? Etwa der Nachbar zur anderen Seite?"

"Nein, nein, der Doktor ist von unten links. Ein guter Typ, der immer mal wieder anklopft. Dann halten wir ein Schwätzchen oder trinken auch mal einen Kaffee, und er bringt mir was mit. Da schau, die sind von ihm."

Werner nickte zum Weingestell hin, dass in einer Ecke steht und fünf Flaschen Rotwein lagerte. "Was, die hat dir alle der Doktor gebracht? Das ist wirklich anständig."

"Der weiss eben, was sich gehört. Ein cooler Typ, der Doktor und richtig nett."

Ich greife ins Gestell und lese die Etikette, ein Rioja eines Grossverteilers. Da fällt mir ein: "Aber, hast du nicht gesagt, dass du Rotwein nicht verträgst?"

"Egal."